„Irgendwas mit Fesseln“: Was ist eigentlich Bondage?

Ihre Füße sind mit rauen Seilen an ihre Oberschenkel gefesselt, die Beine sind gespreizt. Sie kann den Boden unter ihren Füßen nicht spüren, ein Gefühl, als würde sie fliegen. Da fühlt sie ihn, einen leichten, aber schneidenden Schmerz. Ihre Brüste sind mit Seilen abgebunden, sehen prall und geil aus. Sie sieht zur Seite und erblickt ihn, ihren Meister. Ihren Bondage-Meister.

Bondage. Wir haben den Begriff alle schon einmal gehört, doch was versteckt sich dahinter?„Bondage – das ist doch was mit Fesseln und Auspeitschen, oder?“ Die erste Reaktion meiner besten Freundin, als ich sie nach der Bedeutung des Begriffs Bondage frage. Nun, nicht ganz. Der Teil mit dem Fesseln stimmt, Auspeitschen geschieht dagegen in anderen Bereichen.

Mit Bondage bezeichnen wir die Lust am Fesseln und Gefesselt werden. Die Lust, uns für einen Moment unserer Freiheit berauben zu lassen oder sie einem anderen zu nehmen. Denn Bondage ist viel mehr, als sich Beine und Handgelenke mit Sisalseilen umwickeln zu lassen – den devoten und passiven Fans dieser Spielart des BDSM, den so genannten Bottoms oder Subs, geht es darum, Kontrolle abzugeben, sich fallen zu lassen, zu vertrauen, und auch der Lustschmerz, den der Gefesselte früher oder später verspüren wird, spielt für viele eine Rolle. Die dominanten Mitspieler, auch Tops oder Doms genannt, empfinden Erregung, den anderen durch die Fesselungen zu kontrollieren, ihm durch das Abbinden Lust zu bereiten, sie genießen den Anblick, die Hingabe. Oft ist das Fesseln auch eine Art Vorspiel: Der Sub wird vorbereitet und gefesselt, damit er während der folgenden BDSM-Session, die selbstverständlich in beiderseitigem Einverständnis erfolgt, wehrlos ist.

Doch woher kommt diese Kunst, die BDSM-Fans so viel Vergnügen bereitet? Viele sehen im japanischen Bondage, unter Kennern der Materie auch bekannt als Shibari, den Ursprung der erotischen Fesselkunst. Dabei entwickelte sich die Tradition des Shibari aus Fesseltechniken japanischer Krieger, mit denen sie ihre Feinde bewegungsunfähig und dingfest machten. Im Gegensatz zum Bondage, dem wir heute in Fetischmagazinen, bei Live-Shows und in BDSM-Pornos begegnen, geht es beim Shibari um ein sinnliches Erleben und eine Art ganzheitliche Ästhetik. Dass man diese Kunstform von Grund auf studieren muss und nicht drauflos knoten kann, wie es einem passt, scheint logisch. Die Techniken des Shibari sind vielfältig und nicht unkompliziert. Hier nur mal einige wenige Möglichkeiten:

So bezeichnen Shibari Anhänger mit dem Begriff „Takate Kote / Shibari Zuri“ die Oberkörperfesselung mit auf dem Rücken fixierten Händen, sozusagen eine der Basisfesselungen, auf der viele andere Schritte aufbauen. Als „Karada“ bezeichnet man eine netzartige Ganzkörperfesselung, als „Futomomo Zuri“ das Hängen am Oberschenkel mit angewinkeltem Unterschenkel und als „Momo Shibari“ die sogenannte Oberschenkelfesslung, bei der die Hände an die Fußgelenke gebunden werden. Ihr seht, Shibari bedeutet ein intensives Studium, das sich aber lohnt, wenn man denn neugierig ist und bereit, sich auf dieses Wagnis einzulassen. Fesseln und gefesselt werden als Form der Meditation, wenn man so will, aber eben auch als erotisierendes Ritual, das zelebriert wird, damit es seine ganze Wirkung auf Geist und Sinne entfalten kann – das ist Shibari.

Bondage_red-1

Wow, klingt irgendwie abgedreht und heiß gleichzeitig! Doch nehmen wir an, ihr möchtet euren Partner vor allem des Lustgewinns wegen fesseln. Da stellt sich mir persönlich die Frage: Kann ich meine Bondageseile einfach so wie Christian Grey aus „Fifty Shades Of Grey“ im örtlichen Baumarkt kaufen? Bondage-Experten raten davon dringend ab. Zum einen, weil Jupp und Heinz aus der Seileabteilung vielleicht ganz toll über den fachgerechten Gebrauch von PVC- und Drahtseilen aufklären können, aber nicht unbedingt in Bondage-spezifischen Fragen bewandert sind. Hinzu kommt, dass die „Fesselwerkzeuge“ aus dem Baumarkt oft nicht hautfreundlich, da zum Beispiel chemisch behandelt und auch nicht „knotbar“, also flexibel genug sind.

Welche Art von Seil eignet sich also? Nun, am besten lasst ihr euch dazu von einem Fachmann beraten. Vielleicht gibt es in eurer Stadt ja ein BDSM-Studio, das Kurse anbietet und in dem ihr euch ausführlich informieren könnt. Wenn nicht, gibt es immer noch das Internet. Auf dieser Seite findet ihr zum Beispiel eine große Auswahl und könnt euch dazu noch online beraten lassen. Generell gilt aber: Das Seil sollte belastbar sein und eine große Auflagefläche haben. Sprich: Drahtseile oder Wäscheleinen solltet ihr auf keinen Fall verwenden, da sie euch in kürzester Zeit das Blut abschnüren. Auch sollte das Seil nicht zu dehnbar sein, da das dazu führen kann, dass sich das Seil zusammen zieht. Schlecht für den Sub! Geeignet sind zum Beispiel Seile aus Hanf oder Baumwolle, wobei Baumwollseile nicht besonders belastbar sind. Sisalseile sind sehr rau und können Verbrennungen verursachen, wenn sie nicht fachgerecht gehandhabt werden.

Uff, so viel Theorie! Kommen wir nun noch zum wichtigsten Teil einer Bondagesession: der Kommunikation zwischen Sub und Dom. Sprecht über Erwartungen und Wünsche, aber auch über eure Tabus. Sorgt für eine angenehme Atmosphäre, denn der, der gefesselt wird, muss sich entspannen und fallen lassen können. In einem eiskalten Waschkeller ist das eher nicht so möglich. Sollte euch, liebe Subs oder Bottoms, etwas wehtun, sagt das sofort. Denn es kann durchaus gerade bei den ersten Versuchen passieren, dass der unerfahrene Top euch Nerven oder Venen abdrückt. Muckt auch auf, wenn das Seil in eure Haut einschneidet und ihr das Gefühl einer Verbrennung habt. Das nennt sich „Rope Burn“ und sollte nicht vorkommen. Auf Nummer Sicher geht ihr aber, wenn ihr euch vor euren ersten Bondage-Versuchen von einem Experten zeigen lasst, wie alles funktioniert.

Wir werden euch in diesem Monat mit vielen wichtigen und amüsanten Infos rund um das Thema Bondage versorgen. Seid gespannt, euch erwartet ein fesselnder Monat! 🙂